Fallbeispiel 4

schwere räuberische Erpressung, §§ 253, 255, 250 Absatz 2 StGB
rechtliche Grundlage zur Durchführung des TOA: §§ 46 a, 49 StGB

Tathergang
Herr S. und zwei weitere Täter bestellen ein Taxi in eine dunkle Seitenstraße. Die maskierten Täter schlagen die Fensterscheibe auf der Fahrerseite ein und fordern mit vorgehaltener Gaspistole die Herausgabe des Portemonnaie und des Handys. Sie erbeuten 140,- €. Später können die drei Täter gestellt werden. Die Täter sind geständig. Zwei der Täter fallen unter das Jugendstrafrecht. Bei dem erwachsenen Täter wird ein TOA verfügt.

Verfahrensablauf
Der Beschuldigte bereut seine Tat. Er hat großes Interesse an einem persönlichen Gespräch mit dem Geschädigten, um sich bei ihm zu entschuldigen. Ferner will er finanzielle Wiedergutmachung leisten, soweit dies mit seinen begrenzten finanziellen Mitteln möglich ist.
Der Beschuldigte steht unter Bewährung.

Der Geschädigte äußert sich zunächst skeptisch hinsichtlich der Durchführung eines TOA. Herr W. teilt mit, welche persönlichen und wirtschaftlichen Folgen der Überfall für ihn hat. Durch sein persönliches Umfeld erfährt der Beschuldigte Unterstützung, um die psychische Belastungssituation zu bewältigen. Es war zu dem Zeitpunkt aber nicht abzusehen, ob diese ausreicht. Deshalb werden Herrn W. die Möglichkeiten, eine Therapie/ Beratung in Anspruch zu nehmen, dargestellt. Herr W. erleidet erhebliche Einkommenseinbußen, weil er seine Tätigkeit als Taxifahrer direkt nach dem Überfall gar nicht und später nachts nicht mehr ausüben kann. Eine angemessene finanzielle Entschädigung ist aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation von Herrn S. nicht zu realisieren. Herr W. möchte aber zumindest seinen Schaden, der ihm durch den Verlust seines Handys, Papiere etc. entstanden ist, ersetzt bekommen. Nach einer Bedenkzeit stimmt Herr W. einem persönlichen Gespräch mit Herrn S. zu.

Im Ausgleichsgespräch sprechen Herr W. und Herr S. ausführlich über den Überfall und die Folgen. Herr W. drückt seine Wut und Empörung darüber aus, dass er Opfer eines Überfalles geworden sei. Herr S. entschuldigt sich. Herr W. äußert, es sei gut zu sehen, dass es Herrn S. nicht egal ist, wie es ihm nach dem Überfall gegangen sei und er sich Gedanken darüber macht, was er ihm angetan habe. Herr W. stellte aber auch klar, dass es für einen solchen Überfall keine Entschuldigung gibt. Das Bemühen von Herrn S. um eine Versöhnung bewertete Herr W. positiv.
Herr S. steht mittlerweile in einem Arbeitsverhältnis. Herr W. und Herr S. vereinbaren, dass der Beschuldigte mindestens einen Gesamtbetrag von 400,- € bis zur Hauptverhandlung überweisen wird. Herr W. und Herr S. äußern sich positiv über den Verlauf des Gespräches.

Ergebnis
Der Geschädigte beurteilte den TOA nicht nur positiv, weil der Täter sich ernsthaft um Versöhnung und Wiedergutmachung bemüht hat, sondern er auch latente Ängste überprüfen und beruhigen konnte. So hatte er unter anderem Angst, dass die Täter ihn vor dem Hauptverhandlungstermin bedrohen könnten. Entgegen seiner anfänglichen Skepsis, Herr S. würde an einem TOA nur teilnehmen, weil er auf Strafmilderung hoffe, hatte er das Gefühl, Herrn W. tue seine Beteiligung an dem Überfall ernsthaft leid.

Auch wenn die Folgen des Überfalles durch einen TOA alleine nicht bearbeitet werden können, kann ein Gespräch mit dem Täter hilfreich bei der Bewältigung eines solchen schrecklichen Erlebnisses sein. Der Beschuldigte musste sich im TOA direkt mit seinem kriminellen Verhalten auseinandersetzen und gegenüber dem Geschädigten die Verantwortung hierfür übernehmen.
Um Wiedergutmachung im finanziellen Bereich zu leisten, musste der Beschuldigte sich erheblich einschränken. Bei einem geringen Einkommen konnte er in den drei Monaten bis zum Hauptverhandlungstermin 850,- € überweisen. Nachdem sich der Beschuldigte ernsthaft um die Wiedergutmachung bemüht hatte, betrug die von der Staatsanwaltschaft beantragte Strafe entsprechend dem verminderten Strafrahmen 2,5 Jahre.