Fallbeispiel 2

Einbruch und Diebstahl, §§ 242, 243 StGB

Geschädigte: Frau M. (20)
Beschuldigter: Herr Z. (23)

Sachverhalt

Als die Geschädigte, eine Krankenpflegeschülerin, nach einem mehrtägigen Weihnachtsaufenthalt bei ihren Eltern in ihr Zimmer im Schwesternwohnheim zurückkehrte, stellte sie fest, dass einige Gegenstände fehlten, die zuvor auf dem Fußboden gelegen haben. Es handelte sich dabei um einen Schlafsack, eine Gitarre mit zugehöriger Tasche, eine Kornmühle, ein Bügeleisen, einen Wäschekorb mit Schmutzwäsche und um zwei Fotoapparate. In einem der Fotoapparate befand sich ein Film mit Fotos einer USA-Reise.

Sie überprüfte sofort ihre Wertsachen und stellte fest, dass diese unberührt an ihren Plätzen im Schrank und in Schubladen lagen. Zunächst vermutete sie, ihr Freund könnte die Wäsche zum Waschen mitgenommen haben, sie fand jedoch keine Erklärung für das Verschwinden der anderen Gegenstände. Nachdem sie ihren Freund und die MitbewohnerInnen ergebnislos befragt hatte, durchsuchten sie gemeinsam das ganze Haus. Dabei fanden sie das Bügeleisen auf einem anderen Stockwerk in einer Küchenschublade wieder, doch niemand wusste, wie es dorthin gekommen war. Frau K. vermutete, dass jemand Fremdes in ihr Zimmer eingedrungen ist. Die Vorstellung, dass während ihrer Abwesenheit jemand im Zimmer gewesen sein könnte, verunsicherte sie und machte ihr Angst. Sie fürchtete, die Person könne noch einmal wiederkommen, eventuell sogar nachts, während sie schläft. Sie fühlte sich unwohl und bedroht und erstattete Anzeige. Die Polizei nahm ein Protokoll auf, sie konnte jedoch keine Einbruchsspuren feststellen.

Ihre Bitte, nach diesem Vorfall ein neues Schloss einbauen zu lassen oder ein anderes Zimmer beziehen zu können, wurde von Seiten der Krankenhausverwaltung abgelehnt.

Einige Tage später erinnerte sich eine andere, soeben zurückgekehrte Bewohnerin des Schwesternwohnheims, dass sie den Vormieter von Frau M. kurz vor Weihnachten im Wohnheim getroffen hatte. Er soll einen Wäschekorb und eine Gitarre bei sich gehabt haben. Aufgrund dieser Angaben konnte der Beschuldigte als Täter ermittelt werden. Die Tatsache, dass er seinen Schlüssel für das Zimmer im Wohnheim nicht abgegeben hatte, erklärte die fehlenden Einbruchsspuren.

Herr Z. gab den Diebstahl sofort zu und erklärte, er sei der Meinung gewesen, er habe das Zimmer noch rechtmäßig gemietet. Als er die von ihm zurück gelassenen restlichen Sachen abholen wollte, habe er das Zimmer neu bewohnt vorgefunden – von seinen Sachen habe jede Spur gefehlt. Das habe ihn so sehr verärgert, dass er ohne zu überlegen einige der herumliegenden Gegenstände eingesammelt und mitgenommen habe. Er gab an, diese teilweise im Haus verteilt bzw. versteckt zu haben. Den Wäschekorb mit der Schmutzwäsche habe er bei McDonalds auf dem Parkplatz abgestellt.

Ablauf des TOA
Herr Z. und Frau M. wurden gleichzeitig angeschrieben und zu einem Erstgespräch eingeladen. Der Herr Z. meldete sich telefonisch und bat um einen Hausbesuch. Er zeigte sich einsichtig, reumütig und bereit, den von ihm verursachten Schaden zu ersetzen. Er erklärte sich auch bereit, an einem gemeinsamen klärenden Gespräch teilzunehmen. Ihm sei sein Verhalten im Nachhinein peinlich und er wolle sich entschuldigen, um die Angelegenheit zu einem guten Abschluss zu bringen. Da er damit gerechnet hat, dass er einen finanziellen Ausgleich leisten muss, hatte er dafür bereits Geld zurück gelegt.

Frau M. meldete sich und war erleichtert darüber, dass der Täter ermittelt werden konnte. Wir vereinbarten einen Hausbesuch und sie erzählte, wie massiv der Vorfall in ihr Leben eingegriffen hat. Sie sagte, ihre Wut sei mittlerweile verraucht (es war beinahe ein Jahr vergangen!), doch bestehe sie auf eine Erklärung des Beschuldigten und eine angemessene Schadensregulierung. An einer Bestrafung des Beschuldigten wäre sie nicht interessiert, weil das nichts mehr ändern würde. Sie wolle den Beschuldigten kennen lernen, um ihre diffusen Ängste abzubauen und ihm klar zu machen, was er mit seiner unüberlegten Handlung angerichtet hat. Sie sagte zu, eine Liste der fehlenden Gegenstände zu erstellen, damit ein finanzieller Ausgleich herbei geführt werden kann. Sie schätzte den Gesamtschaden auf 950,- €.

Zum gemeinsamen Schlichtungsgespräch in einem örtlichen Stadtteilzentrum erschienen beide etwas aufgeregt, sie begrüßten sich schüchtern aber freundlich. Nach einer kurzen Einführung in das Gespräch kam zuerst Frau M. zu Wort. Sie hatte sich gut vorbereitet und schriftlich Fragen und Anmerkungen notiert, um in der Aufregung nichts Wichtiges zu vergessen. Herr Z. hörte ihr mit gesenktem Blick aufmerksam zu. Etwas unbeholfen und beschämt entschuldigte er sich bei Frau M. und zeigte Verständnis für ihre Wut und Ängste. Er bedauerte sein Verhalten und sagte zu, den Schaden soweit wie möglich zu regulieren. Die finanzielle Forderung von Frau M. wurde von Herrn Z. sofort akzeptiert und so wurde eine schriftliche Wiedergutmachungsvereinbarung getroffen. Herr Z. überwies die vereinbarte Summe auf das Konto von Frau M. und legte bei der Schlichtungsstelle einen Zahlungsnachweis darüber vor.
Beide Parteien äußerten sich am Ende des Gesprächs erleichtert über den angenehmen Verlauf und den positiven Abschluss. Sie verabschiedeten sich und gingen gemeinsam zur Bushaltestelle.

Ergebnis
Die Wiedergutmachungsvereinbarung, der Zahlungsnachweis und ein Abschlussbericht mit der Anregung, das Strafverfahren gegen Herrn Z. endgültig einzustellen, wurden an die Staatsanwaltschaft geschickt. Dieser Anregung kam die Staatsanwaltschaft zeitnah nach (§ 153 a StPO).